Welche Persönlichkeitstests werden in Assessment und Recruiting Prozessen für Führungskräfte verwendet?
In der Personalauswahl können auch eine Vielzahl von Persönlichkeitstests und psychometrischen Fragebögen eingesetzt werden. Im Rahmen der Eignungsdiagnostik geben die Ergebnisse der Fragebögen Auskunft über die natürliche Persönlichkeit der ausfüllenden Person. Es gibt eine riesige Anzahl Persönlichkeitstests auf dem Markt – oft mit unterschiedlichen Fokusthemen. Häufig werden Persönlichkeitsfragebögen in Kombination mit anderen Methoden in Executive Assessment oder Recruiting Prozessen eingesetzt. Hier finden Sie weitere Informationen zu Executive Assessments.
Wichtig in der Auswahl von Persönlichkeitstests ist es, auf die drei Gütekriterien der Reliabilität, Validität und Objektivität zu achten.
Validität ist gegeben, wenn eine Messung das misst, das gemessen werden soll und das Ergebnis dadurch glaubwürdig ist.
Reliabilität ist gegeben, wenn eine wiederholte Durchführung erneut zuverlässige Ergebnisse bringt.
Objektivität ist gegeben, wenn keine unerwünschten Einflüsse auf die betreffende Person entstehen.
Wie funktionieren Persönlichkeitstests?
Persönlichkeitstests bestehen in der Regel aus zumeist online durchführbaren Fragebögen, die spezifische Faktoren in der Persönlichkeit durch ein Fragenkonstrukt abprüfen. Dabei sind sie in sich so gestaltet, dass die von den Teilnehmern gegebenen Antworten Angaben zu bestimmten Persönlichkeitsmerkmalen zulassen. Je nach Verfahren enthalten psychometrische Fragebögen zumeist mehrere Antwortmöglichkeiten, aus denen die Teilnehmer die zutreffendste Antwortmöglichkeit auswählen können. Alternativ kann es auch Aussagen geben, die die Teilnehmer auf einer Skala von stark zutreffend bis gar nicht zutreffend (oder ähnlich) angeben können. Je nach Fragebogen wird oftmals eine Fünf Punkte Likert Skala verwendet.
Die Fragebögen werden in der Regel online durchgeführt. Dazu bekommen Teilnehmer einen Zugangslink gesendet und können den Fragebogen dann ausfüllen. Hierfür empfiehlt sich eine ruhige Umgebung, in der der Fragebogen idealerweise ohne Unterbrechung durchgeführt werden kann. Es ist ratsam, Persönlichkeitstests möglichst in der eigenen Muttersprache durchzuführen. Je nach Fragebogen kann die Dauer stark variieren z.B. zwischen 30 min und 3 h. Anschließend wird ein Persönlichkeitsprofil auf Basis der Antworten erstellt.
Was messen Persönlichkeitstests?
Im beruflichen Kontext verwendete Persönlichkeitstests messen in der Regel Persönlichkeitsmerkmale (auf Englisch „traits“), die einen Bezug zu erfolgskritischem Verhalten bei der Arbeit haben. Dabei geht die psychologische Forschung größtenteils davon aus, dass wesentliche Elemente der Persönlichkeit im Laufe des Lebens relativ stabil bleiben. Entsprechend können Persönlichkeitsfragebögen einen Überblick über die Ausprägung der Persönlichkeitseigenschaften der Teilnehmenden geben.
Wichtig: Es gibt kein „richtig“ oder „falsch“ in der Persönlichkeit.
Was gibt es für Persönlichkeitstests im Assessment und in Recruiting Prozessen?
Es gibt eine Vielzahl Persönlichkeitstests, die in Assessment und Recruiting Prozessen herangezogen werden können. Dies ist eine selektive Auswahl von häufig genutzten Persönlichkeitsfragebögen im Kontext der Personalauswahl und Personalentwicklung:
Die Assessments von Hogan Assessment Systems (umgangssprachlich manchmal auch „Hogan Tests“ genannt) bestehen aus drei Fragebögen:
Der Erste ist der Hogan Personality Inventory (HPI). Dieser beschreibt die Stärken und Potenziale eines Menschen.
Der Zweite ist der Hogan Development Survey (HDS). Dieser misst das Verhalten von Menschen in Druck- und Stresssituationen.
Der dritte Fragebogen heißt Motives Values Preferences Inventory (MVPI) und beschreibt die Werte und Antreiber der Personen.
Jeder der drei Fragebögen misst unterschiedliche Schwerpunkte der Persönlichkeit. Auch wenn die Fragebögen einzeln durchgeführt werden können, liefert insbesondere die gemeinsame Interpretation ein Gesamtbild über individuelle Stärken, Handlungsmuster, Verhaltensrisiken, Entwicklungspotenziale und Motivatoren.
2) OPQ32-3 (SHL Assessments / CEB)
Der Fragebogen OPQ-32-r von SHL / CEB ist ebenfalls ein sehr häufig verwendetes Messinstrument für Verhaltensweisen und Persönlichkeit im Arbeitskontext. Laut SHL wurden „im Laufe von 25 Jahren (…) in 20 Ländern und 40 verschiedenen Branchen über 90 unabhängige Validierungsstudien zum OPQ durchgeführt, in denen seine hohe Treffsicherheit bei Prognosen zur Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz nachgewiesen werden konnte.“
Der Fragebogen liefert detaillierte Informationen zu 32 Persönlichkeitseigenschaften, die sich auch auf den beruflichen Kontext auswirken können. Diese sind in drei Überbereiche gegliedert: Zwischenmenschliches Verhalten, Denkstil und Emotion & Motivation.
3) Myers-Briggs-Type Indicator (MBTI)
Basierend auf Carl Jungs Theorie zeigt der MBTI vier Dimensionen von Persönlichkeitspräferenzen:
Extraversion (E) – Intraversion (I) (worauf Sie Ihre Aufmerksamkeit lenken)
Sensitives Empfinden (S) – Intuition (N) (wie Sie Informationen aufnehmen=
Denken (T) – Fühlen (F) (wie Sie Entscheidungen treffen)
Urteilen (J) – Wahrnehmen (P) (wie Sie die mit der Welt umgehen)
Aus den Ergebnissen wird eine Kombination aus vier Buchstaben gebildet, die den eigenen Persönlichkeitstyp darstellt und Auskunft über die eigenen Präferenzen gibt. Dadurch gibt es in diesem Fragebogen 16 mögliche Persönlichkeitstypen.
4) 16 PF
Der 16PF wird inzwischen von Talogy vertrieben und beschreibt 16 Faktoren der Persönlichkeit. Persönlichkeit wird hier nach Raymond Cattell, dem Urheber dieses Fragebogens definiert. Der Fragebogen basiert auf empirischen Prinzipien und erfasst nicht nur die Aspekte der Persönlichkeit, die eine Person im beruflichen Kontext zeigt, sondern gesamthaft alle Aspekte, die die Persönlichkeit des Menschen ausmachen.
Er misst 16 Eigenschaften und betrachtet die Wurzeln des menschlichen Verhaltens. Aus den 16 gemessenen Persönlichkeitsfaktoren (Primärfaktoren) werden außerdem fünf Globalfaktoren abgeleitet, die hoch mit den fünf Faktoren des „Big Five“ Modells der Persönlichkeit korrelieren. Auch dieses Instrument der Persönlichkeitsdiagnostik wird häufig in Situationen der Personalauswahl und der -entwicklung eingesetzt.
5) DISG-Modell
Ein weiterer, sehr bekannter Onlinefragebogen bezieht sich auf das DISG Modell der Persönlichkeit, in dem der eigene Stil einer von vier Farben zugeordnet wird.
Rot steht für Dominant (direkt und bestimmt)
Gelb für Initiativ (optimistisch und aufgeschlossen)
Blau für Stetig (einfühlsam und kooperativ) und
Grün für Gewissenhaft (bedacht und korrekt).
Aus den vier Typen wird basierend auf den Antworten ein primärer Typ oder ein Mischtyp herausgearbeitet. Die Auswertung des eigenen Persönlichkeitsstils kann in der Kommunikation und Interaktion mit anderen (Persönlichkeitstypen) helfen.
6) FIRO-B
Das Instrument FIRO (Fundamental Interpersonal Relations Orientation) fokussiert sich auf die Grundlage für den Aufbau von effektiven Arbeitsbeziehungen. Es fördert die Wiederherstellung unterbrochener zwischenmenschlicher Beziehungen am Arbeitsplatz und hilft, gut funktionierende Beziehungen zu nutzen.
FIRO zeigt, wie die einzelne Person Vertrauen zu Anderen aufbauen und der eigene Einfluss wirkungsvoll erhöht werden kann. Das Instrument eignet sich auch für Coachingsituationen von Einzelpersonen und Teams, da FIRO Antreiber für zwischenmenschliche Interaktionen erfasst.
7) Lumina
Auch die sechs Instrumente von LuminaLearning können in Assessment Situationen eingesetzt werden. Jedes Verfahren hat einen unterschiedlichen Fokus:
Lumina Spark zeigt die facettenreiche Persönlichkeit eines Menschen in ihrer Gesamtheit. Durch das Erkennen des ‘Inneren Funkens’ kann die Selbstkenntnis und das Potenzial gesteigert werden.
Lumina Leader ist auf Führungskräfte ausgerichtet und misst ein Verständnis des natürlichen Führungsstils der Person. Ebenfalls zeigt es, wie der eigene Führungsstil an die Bedürfnisse des Unternehmens und der Mitarbeiter angepasst werden kann.
LuminaTeam nutzt eine leicht verständliche Sprache und Grafiken, die die verschiedenen Verhaltensweisen und Eigenschaften innerhalb eines Teams unterstreichen.
LuminaEmotion hilft Personen dabei, die Fähigkeit zu entwickeln, ihre Reaktion auf eine bestimmte Situation wählen zu können und somit auch die eigene emotionale Intelligenz, Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit zu stärken.
LuminaSelect dient als maßgeschneidertes Tool in der Personalauswahl.
LuminaSales gibt an, welche Verhaltensweisen der Persönlichkeit sich in Verkaufssituationen zeigen.
Es gibt noch unzählige weitere Persönlichkeitstests und psychometrische Verfahren auf dem Markt. In dieser Übersicht habe ich den Fokus jedoch bewusst selektiv auf sehr häufig verwendete Instrumente der Persönlickeitsdiagnostik in Executive Assessment und Recruiting Prozessen gelegt und erhebe keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Diese Seite dient als Übersicht. Für tiefergehende Informationen lohnt sich ein Besuch der Website der jeweiligen Testanbieter.
Wer darf Persönlichkeitstests durchführen?
Persönlichkeitstests dürfen nur von in dem jeweiligen Verfahren zertifizierten Personen durchgeführt, analysiert und interpretiert werden. Zertifizierte Anwender können die interpretierten Ergebnisse erklären und eventuelle Fragen beantworten. In der Regel erhalten die Teilnehmenden der Online Assessments von geschulten Anwendern der Instrumente im Nachgang entsprechend Feedback zu ihren Ergebnissen.
Warum sollten Persönlichkeitstests in Executive Assessments verwendet werden?
Persönlichkeitsfragebögen bieten eine Möglichkeit, in relativ kurzer Zeit mehr Informationen über die Selbsteinschätzung der Persönlichkeit eines Kandidaten oder einer Kandidatin im Auswahlprozess zu erfahren. Dies ist besonders hilfreich in Situationen, in denen eine unmittelbare Entscheidung im Rahmen der Besetzung einer Schlüsselposition bevorsteht.
Auch in Prozessen der Führungskräfteentwicklung ist die Kenntnis der Stärken und Entwicklungsfelder einer Person basierend auf einem Persönlichkeitsfragebogen sinnvoll, um maßgeschneidert nächste Entwicklungsschritte einzuleiten.
Sinnvoll ist insbesondere die Kombination von Persönlichkeitsfragebögen mit anderen Methoden wie einem Executive Assessment Interview (Verlinkung).
Auch im Rahmen eines Executive Coaching Prozesses kann ein Persönlichkeitsprofil aus einem Persönlichkeitsfragebogen eine gute Grundlage bilden, um in den Coaching Sessions auf bestimmte Punkte tiefer einzugehen.